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Character Sizes

[English and German language]

   

Details & Process

[German language]

 

Wenn man eine Schrift für die Benutzung in kleinen bis extrem kleinen Größen am Monitor präpariert steht man am Ende vor etwa demselben Problem, mit dem sich auch die Stempelschneider konfrontiert sahen. Die Buchstaben müssen in ihren Proportionen stark verändert und vereinfacht werden, damit sie in den winzigen Größen noch deutlich erkennbar sind; ihre Formen und Rundungen müssen geöffnet werden, damit sie für das Auge nicht zulaufen. Der Rhythmus muss weiter werden, ohne dass dabei die Buchstabenketten aber aufreißen. Nicht zuletzt sollte aber auch etwas von ihrem ursprünglichen Charakter, ihrem „Wesen“ erhalten bleiben, damit ihre Zugehörigkeit zu den großen Verwandten noch bestehen bleibt.

Auf diesem Bild sieht man die Reflection, die ich für meine Christian Dior Studien in mehreren Größen designt habe. Die zweitkleinste der 3 Varianten, also die obere der beiden blauen Schriftzüge zeigt noch klar einige der Charaktereigenschaften, wie das sich leicht nach unten verengende ‘h’ oder die einseitigen Serifen, die auch nicht an allen Lettern zu finden sind. Während ich die Schrift ableitete vom Original (mit einigen Action Sets in FontLab, die im wesentlichen die Outlines der Buchstaben über den etwas misslich benannten BoldEffect“ in den Horizontalen verzerrten, dann den resultierenden Gesamtverbreiterungseffekt der Schrift leicht wieder über ein horizontales Verkleinern jedes Glyphen von dessen Mittelpunkt aus zurücknahm, und schließlich und endlich alle Metrics nach beiden Seiten hin – wieder vom Buchstabenmittelpunkt aus – erweiterten) überraschte mich zum Beispiel, dass das ‘a’ unten rechts eine kleine angedeutete Serife ausprägte, was durch die Schrägstellung des Stammes zustande kam, das gefiel mir sehr gut, ich beließ es. Die Oberlängen des kleinen ‘h’, ‘l’ etc. erhöhte ich etwas und außerdem ist zu beachten, dass der ‘i’-Punkt manuell etwas vom ‘i’-Stamm entfernt wird, damit er in den kleinen Größen noch gut sichtbar bleibt (noch deutlicher wird dies an der darunter liegenden noch kleineren Variante, wo er schon deutlich abgerückt ist von der allgemeinen Minuskelhöhe!) Die Verengung der beiden Bögen bei ‘n’, ‘u’ und ‘h’ musste ich allerdings beseitigen, damit die Aufwärtsstriche bei den extrem wenigen Pixeln, die dafür in der Breite zur Verfügung stehen noch sauber blieben. Die charakteristischen Schrägen an den Enden der serifenlosen Stämmen habe ich auch durch Geraden ersetzt, selbst die schrägen Serifen habe ich unten gerade auf der exakten Grundlinie (y=0) aufsetzen lassen.

Trotzdem gelang es noch auch in der kleinsten Variante den leicht nach oben versetzten Duktus am Bauch des kleinen ‘a’ zum Beispiel zu erhalten, so dass dieser durch die stärkere Verdichtung der Pixel dort fast leicht rechteckig wird, während der Abschluss-„Tropfen“ am ‘a’ nur noch als eine Waagerechte verbleibt. Die Schrägen habe ich also bei der ganz kleinen Variante auf ein Minimum reduziert, während sie in der zweitkleinsten durchaus hier und da noch auftauchen. Gut gefällt mir bei beiden Varianten (auch wenn hier nur der Christian Dior Schriftzug zu sehen ist) der Rhythmus der Buchstaben untereinander. An andere Stelle habe ich schon beschrieben wie ich an den Renaissance Typen stets bewundere wie bestimmte Buchstabenpaare etwas wie Kettenglieder bilden, die im Gesamtgefüge das Auge leicht und gern über das Schriftbild gleiten lassen, ohne dass es dabei langweilig und ausdruckslos wird. Besonders zu nennen sind für mich die Paarungen ‘ri’, ‘ti’, aber auch (etwas sublimer hier) ‘ia’ usw. Man sieht bei beiden Versionen schön, wie das kleine ‘h’ für sich steht und sein nächstes Glied dagegen in ‘r’ und ‘i’ gemeinsam findet, bevor das geschwungene ‘s’ wieder beide (gedachten) Bögen zu verbinden scheint. ‘i’ und ‘a’ bilden ein geheimnisvolles ‘m’ dessen zweiter Bogen nur teilweise vom unteren Bogen der kleinen ‘a’ dargestellt wird (daher ist es auch so wichtig, dass das Bauch des ‘a’ streckenweise für das Auge eine kleine Gerade „imitiert“, die Form also insgesamt etwas ein Rechteck in der Anmutung hervorrufen muss!) Der Schriftzug Christian Dior, muss ich sagen, hat mir sehr viel Freude bereitet, auch weil seine Buchstabenfolge für mein Auge sehr harmonisch erscheint.

Doch noch einmal zurück zu den Proportionen der Buchstaben, insbesondere zu deren Höhen. In der ersten kleinen Version oben haben Mittelhöhen und Oberlängen noch ein in etwa goldenes Schnittverhältnis, während die noch kleinere Type diese durch ein ruhiges (und dem Auge in dieser Größe angenehm erscheinendes) 1:2 Verhältnis ersetzt. Die Großbuchstaben heben sich deutlich ab, fast schon etwas majestätisch wirkend, was mir auch für die kleinste Variante sehr gut gefiel. Denn schließlich sollten alle Schnitte die Eleganz, die angemessen ist für dieses Thema, erhalten. Auch hier erfreut sich das Auge allerdings an dem bereits natürlich enthaltenen wunderbaren Golden Schnitt Verhältnis der beiden Wortlängen, also dem instinktiv getroffenen hin und her wandern von Vor- zu Nachnamen. Es ist daher in meinen Augen ein wenig schade, dass das aktuelle Erscheinungsbild der Griffe auf dieses schöne Merkmal des gesamten, ausgeschriebenen Namens verzichtet.

Yet, in reality, the similarities between the art of tailoring clothes as done by Christian Dior and the one of cutting letters are part of a much older story.

Dior wedding dress · Reflection Process Sketches ‘ya’

Dior wedding dress · Reflection Process Sketches ‘ya’