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… oder als ertasteten wir vorsichtig mit dem Fuß eine Treppenstufe im Dunkel und erst die kurze Ablenkung ließe uns fast wie abgleiten auf die bevorstehende, um noch weiter auf eine tiefere Ebene vordringen zu können.
Und so als erfüllte die Muse oder das Modell des Malers letztendlich eine doppelte Funktion: nämlich, zum einen, ihm für die Schönheit Modell zu stehen, zum anderen, ihn durch ihre eigene Schönheit, im Unterschied zu der einzig im Bild portraitierten, abzulenken, um ihm ein tieferes Vordringen in sein Werk zu ermöglichen.
Aber über den Nutzen dieser Studien und „Übungen“ [Schrägenanalogien] darf man sich nicht täuschen lassen darüber, dass der wirkliche Fortschritt bei der Arbeit an einem Buchstaben stets in den Momenten des „Unvorhergesehenen“, des «imprevisto» (quello che succede quasi «per miracolo» – e in ciò è simile al nascere di un amore) stattfindet.
Die Ablenkung von der Zeichnung ist für diesen unbestimmbaren Moment genauso wichtig wie die vorausgehende Vertiefung in die Arbeit. «L’artista deve dunque saper porre fine alle sue ricerche «togliere la mano» come lo […], e inserisce il caso nel processo creativo. Bisogna saper aspettare e ammettere che la natura può aiutare l’uomo in maniera imprevisto.»2
In gewisser Weise durchaus wie in jener Geschichte eines Künstlers, der seine angesichts der Madonna empfundene Ehrfurcht und ihre Schönheit in seinem Bild ausdrücken wollte, dieses hier und da verbesserte, aber nie zum gewünschten Resultat hervordringen konnte; bis er schließlich das Werk ruhen ließ, sich in die Kapelle begab, dort betete, und als er zurückkehrte, das Werk in der vollendetsten Weise beendet vorfand.
1 – KONSTANZ – ABLENKUNG, «virtus» – «Fortuna»
2 – Invenzione dell’arte nell’Italia del Rinascimento, S. 267–268
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